J - JAMES

James, Henry: In Venedig

Ein wahnsinnig schönes Buch, das in Stil und Aufmachung ein gelungener Versuch ist, dem Wesen der Lagunenstadt gerecht zu werden.

Das Leben und das Lebenswerk von Henry James sind eng mit Venedig verbunden - fünf seiner Essays erzählen von seiner ersten Annäherung an die Stadt, die damalige Reisende offenbar anders als der heutige Tourist vollführten. Die große Brücke, die Mestre und Venedig heute verbindet, war damals eine vieldiskutierte, neue Eisenbahnbrücke, die man zu jener Zeit für den Beginn des Untergangs der Stadt hielt. Venedig hatte man sich mit einer Gondel zu nähern, sodass die Schemen der Stadt sich langsam aus dem Dunst der Lagune lösten und die Sicht auf die Bauwerke unverstellt freigaben.

Anfangs ist die Stadt auch für James ein Ort der Besichtigung, besonderes Augenmerk wird auf die Gemälde, die in der Stadt allenthalben zu besichtigen sind, gelegt, im Besonderen auf die von Meister Tintoretto. Im Laufe der Jahre wird Venedig für den Verfasser immer mehr zu Heimat: wo am Anfang Erstaunen und Bewunderung lag, macht sich Kennertum und Vertrautheit bemerkbar, zunehmend vermischt mit Kritik daran, wie sehr Venedig zu einem Massentourismus-Ort "verkommt". Wir schreiben allerdings Anfang 20. Jahrhundert, was würde James wohl sagen, sähe er die Stadt heute?

Umrahmt sind die Essays von kundigen Worten Hanns-Josef Ortheils. der die Umstände der Zeit, in der sie entstanden, erläutert und generell in Leben und Werk von Henry James einführt und Zusammenhänge erklärt. Abgeschlossen wird der schmale leinengebundene Band durch historische Fotographien von Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Für Liebhaber Venedigs ein Muss.